Simulatorflug

Ein unvergessliches Erlebnis

Simulatorflug mit einem Airbus A321-100
Frankfurt – LHFT (28.09.2003) Am vergangenen Sonntag hatte das endlos erscheinende Warten endlich ein Ende, War es doch schon immerhin Anfang August, als mir meine Verlobte zu unserem Jahrestag einen Simulatorflug über die Firma ProFlight in Frankfurt spendierte. Hatte ich mich eigentlich ausreichen bedankt, als ich den Inhalt des Geschenkgutscheines erfasst hatte und dann sofort ans Telefon gestürzt bin, um den nächstmöglichen Termin zu ergattern? Jedenfalls hörte ich danach irgendwas von „Kleine Kinder – kleine Spielzeuge, große Kinder – große Spielzeuge...“. „Also ein Spielzeug ist so was ja sicherlich nicht, sondern ein ernsthaftes Trainingsgerät...“ und so weiter höre ich mich noch sagen, was aber das Grinsen im Gesicht meiner Verlobten eher noch in die Breite zieht. Aber kann das mit dem Funkeln, das in meinen Augen blitzt, mithalten ???
Nun, jedenfalls bekam ich von der freundlichen Stimme am Telefon mitgeteilt, das der nächste Flug am 28. September stattfinden wird, und zwar um 17.45 Uhr. Da Frankfurt für mich jetzt aber auch nicht gerade unbedingt um die Ecke liegt, haben wir uns entschlossen, die Nacht von Sonntag auf Montag in einem Hotel zu verbringen, um die Heimfahrt dann gelassen in Angriff nehmen zu können. So wurde über Internet ein Hotel gesucht und gefunden, etwa 10 Min. vom Flughafen entfernt. Das Mercure Hotel Airport Wings kann ich in diesem Zusammenhang sehr empfehlen. Über Internet bekommt man günstige Sonderkonditionen, die Zimmer sind sehr ordentlich und vom Hotel wird sogar ein kostenloser Busshuttle zum Flughafen angeboten.
Nachdem wir also Sonntag Mittag das Hotelzimmer bezogen hatten, zog es uns (natürlich durfte meine Verlobte als Belohnung mit nach Frankfurt...) auch gleich wieder an den Flughafen. Schließlich galt es ja, die örtlichen Gegebenheiten zu sondieren, damit man auch pünktlich am Tor 21 ist, welches in der Beschreibung als Treffpunkt angegeben war. Aber noch war es ja nicht soweit. So blieb also noch etwas Zeit, durch die Terminals zu schlendern und kurzerhand noch einen kleinen Ausflug auf die Besucherterrasse zu machen. Leider war das Wetter nicht so einladend, aufziehende Regenwolken, auffrischender Wind, z. T. auch ganz leichter Nieselregen. Aber auf jeden Fall konnte ich doch schon mal den einen oder anderen A321 ausmachen und stolz verkünden, das ich genau so ein Flugzeug im Simulator fliegen werde. Die Uhr tickte unaufhaltsam und langsam wurde die aufkeimende Vorfreude immer stärker.
17 Uhr Ortszeit: Zeit zum Aufbruch. Schnell noch mit Frauchen einen Treffpunkt vereinbaren und los geht’s. Bei Tor 21 angekommen, konnte man das Auto erst mal auf einen vorläufigen Parkplatz stellen, um sich im Gebäude der Lufthansa anzumelden. Personalausweis abgeben, einige Daten angeben und anschließend mit Parkausweis zur Tiefgarage. Sinnigerweise hat man eine blaue Linie auf den Boden gemalt, damit man die Garage auch findet. Ein gelber Strich wäre zwar passender, denn immerhin bekäme man ja dann den Eindruck, man würde schon auf der Taxiway fahren.
Wieder zurück bei der Anmeldung, wurde ich dann auch schon von unserem Piloten und dem ersten Kollegen in Empfang genommen. Wir mussten noch auf einen weiteren Kunden warten, welcher dann auch mit 5 Minuten Delay ankam. So waren wir also komplett, ein echter Pilot, ein Pilot, der leider keiner werden darf (meinereiner), ein Chemiker, der dem kleinen Bildschirm seines PC mal entrinnen möchte und ein Vermögensberater, der mit der Fliegerei sonst gar nichts zu tun hat, sich das einfach mal so zum Spaß gönnen möchte.
So, nun noch schnell durch die Sicherheitskontrolle und ab zum Briefing-Raum. Dort angekommen, gab es nach einer kurzen Selbstvorstellung unseres Piloten einen kleinen Einblick in die Familie der A32x Serie. Weiter ging es dann mit einer Einweisung der einzelnen Anzeigen. Als eingefleischter Sim-Freak kennt man dann doch schon einiges, aber so ein paar versteckte Details kommen doch immer wieder zum Vorschein. Unser Instructor war sehr auskunftsfreudig und beantwortete alle aufkommenden Fragen ausführlich und genau. Mit dem nötigen Fachwissen ging es dann um 19.10 Uhr in Richtung Simulator. Punkt 19.15 Uhr wurde der Simulator dann auch frei und wir begaben uns ins Cockpit.
Wow, da steht nun alles in realen Abmessungen vor einem, was man sonst nur aus bunten Grafiken vom Bildschirm her kennt. Da von den anderen Teilnehmern auf Anfrage des Instructors nichts zu vernehmen ist, übernehme ich den ersten Part als PF. Aber erst mal gemütlich Platz nehmen, die elektrisch verstellbaren Sitze in Position bringen und sich mit dem neuen Blickfeld vertraut machen. Kurze Zeit darauf erwacht die gigantische Maschinerie zum Leben, wir stehen auf RW 25 R in EDDF mit laufenden Triebwerken. Nachdem der PNF unter fachkundiger Anleitung noch ein paar Daten für den Start eingegeben hatte, hieß es: „Schubregler auf TO/GA“. Gesagt, getan. Doch was jetzt? Nichts passiert ??? Mit einer Verzögerung von etwa 4 Sekunden konnte man die Triebwerke aufheulen hören und dann wurden wir mit zunehmenden Druck in die Sitze gepresst. Mit den Seitenruderpedalen schön die Richtung halten und schon drang es von hinten „Rotate“ Zuerst fiel mir dabei auf, das der Sidestick wesentlich mehr Gegendruck benötigt als der heimische Joystick. Aber wer wird denn jetzt in so einer Situation an seinen Billig-Stick zuhause denken? Schließlich hab ich grad ein 70 Tonnen schweres und zig-Millionen €uro teures Fluggerät unter meinem Hintern. Also Konzentration auf die wirklich wichtigen Dinge. „Gear up“ hör ich mich ausrufen und kurz darauf geht ein kleiner Ruck durchs Flugzeug. Bei 1500ft AGL nehme ich die Schubregler auf die Raste CL zurück und drücke die Nase leicht nach unten, dem Flight Director folgend. Ich bin angenehm überrascht, wie weich sich die Maschine fliegen läst. Jede Korrektur kommt als sanfte Bewegung an und irgendwie vermittelt einem das Flugverhalten schon nach wenigen Sekunden ein sicheres Fluggefühl. Kommt das nun vom vielen FS fliegen, das man doch schon gewisse Abläufe kennt und weiß, wo die meisten Schalter zu finden sind oder kommt das Feeling eher daher, das ich doch schon ein paar Flugstunden mit dem Segelflugzeug hinter mir habe? Egal, das Feeling ist unbeschreiblich – jeder, der so einen Flug schon mal gemacht hat, wird wissen, was ich meine. Da die Zeit pro Pilot auf 20 Minuten ausgelegt ist, heißt es dann nach erreichen von 5000ft leider auch schon 180° leftturn in den Gegenanflug und Vorbereitungen für den Anflug treffen, d.h. Sinkflug auf 3000ft, auf der PERF-Seite Approach aktivieren, und schon bremst der Flieger langsam ab. Wir drehen wieder nach links, um den Glide-Slope zu intercepten, was auch schon bald passiert. Jetzt wird es sofort wieder etwas lebhafter im Cockpit. Flaps 1, Spoilers arm, AutoBrakes Medium, Flaps 2, bin ich überhaupt noch auf dem Glide-Slope??? Ja, also weiter, Gear down, Flaps 3, Flaps full. Mein PNF arbeitet mir gut zu und so kann ich mich komplett auf den Endanflug konzentrieren. Die berühmten Callouts mit Höhenansagen usw. folgen und ich nehme die Nase des Airbus hoch und den Schub auf IDLE. Ein kurzer Ruck und die Erde hat uns wieder. Schnell noch die kleine Hebel der Schubumkehr gezogen und zusammen mit AutoBrake bringen wir den Vogel auf der Piste zum stehen. „Captain Volker Hemmer und seine Crew bedanken sich, das Sie mit Lufthansa geflogen sind und hoffen, sie bald wieder an Bord begrüßen zu dürfen...“ schießt es mir in Gedanken durch den Kopf. Noch ist aber nicht alles vorbei. Fast wie auf einer Reise nach Jerusalem tauschen wir die Sitze, ich nehme erst mal auf dem Jumpseat platz und will versuchen, ein paar Fotos zu machen, während meine beiden Kollegen die Controls übernehmen. Leider ist es gar nicht so einfach, ein paar brauchbare Bilder zu machen, da ja im Sim auch bei Tageslicht eher Abenddämmerung von den Lichtverhältnissen her herrscht. Aus der Jump-Seat Perspektive erlebe ich dann, wie der nächste PF dann auch mal den Auto Piloten austestet und den Vogel ein ganzes Stück einfach fliegen lässt. Prompt baut unser Instructor ein paar Turbulenzen mit ein, plötzlich wird es Nacht und ein paar Blitze schießen durch den Himmel. Als Krönung des ganzen aktiviert er wohl ein Add-on, war es jetzt Project AI oder MyTraffic ??? Jedenfalls rollt auf einmal kurz vor der Schwelle ein anderes Flugzeug auf unsere Piste. Go Around heißt es nun, aber im Vergleich zur Startphase setzen hier die Triebwerke prompt und kräftig ein. Kurz danach hält der Simulator an und der Kollege darf nun nochmals den Endanflug machen, schließlich soll der Airbus ja nicht einfach in der Luft parkiert werden. Die Landung verläuft ähnlich wie bei mir, etwas näher am Pistenrand aber ohne bleibende Schäden für uns und die Paxe.
Ein letztes Mal wechseln wir die Plätze, ich nehmen nun auf der rechten Seite Platz. In Gedanken gehe ich schon die Take-off Items durch und drücke Knöpfe, ziehe Hebel und setzte Flaps, usw. Erstaunlicherweise geht nun schon vieles fast wie von alleine. Die Arbeit des Instructors wird schon deutlich weniger – wie lange wohl noch???
Jetzt sitzt der Kollege am Knüppel, der noch nie was mit Flugzeugen zu tun hatte, außer das sie ihn in den Urlaub gebracht haben. Aber gut, gleiches Recht für alle. Im Großen und Ganzen ging es eigentlich, dafür das er noch nie selber geflogen ist. Es sind halt schon sehr viele Eindrücke, die auf einen treffen, wenn man die Führung der Maschine hat. Wir haben dann mit der Höhe überschossen, und sind ein bisschen Zick-Zack geflogen, haben uns dann irgendwie zum Endanflug gehangelt. Nachdem der erste Landeversuch an der Schwelle so etwa in 600ft AGL durch den Instructor abgebrochen wurde, konnten wir nochmals einen Anflug machen. Aufgesetzt haben wir so etwa in der Pistenmitte – zum ersten Mal... Der Rumms war doch gewaltig und ich war froh, das ich gut angeschnallt war auf meinem Sitz. Mich überkam so langsam die Frage, wie weit ein Full-motion-Simulator eigentlich gehen würde?!? Hört er wohl beim ersten Nasenbluten auf?
Beim zweiten Aufschlag blieb die Maschine dann am Boden, und selbst mit maximaler Schubumkehr kam das Pistenende immer näher. Als besonderes Schmankerl durfte ich auf Anweisung unseres Instructors den AutoBrake Knopf mit der Bezeichnung MAX betätigen. Jo, die Bremswirkung war nicht schlecht und wir kamen etwa 50 Meter vor Pistenende zum Stehen. Allgemeines durchatmen... Da ich daraufhin eine „leicht erhöhte“ Temperatur der Bremsen feststellen kann, werfe ich mal noch den Brake-Fan an, schließlich will man der nächsten Crew ja kein Flugzeug mit brennenden Bremsscheiben übergeben.
Während nun die Anderen fürs Foto posieren, erhasche ich meine Chance und hole meine Unterlagen aus dem Koffer. Mit erstaunten Gesichtern erspähen meine Mitstreiter auf einmal einen sich quer durch das Cockpit ausbreitenden Menschen, der Zeichnungen auf dem Schoß liegen hat und mit einem Rollmeter das Cockpit vermisst??? Nun, wo sonst hätte ich genauere Daten für mein Homecockpit sammeln können als hier? Die nächste Crew war noch nicht da, also lies man mich gewähren. Einige Maße haben mich dann doch erstaunt, so zum Beispiel die Tatsache, das die Sitzbreite zwischen Center Pedestal und Seite grad mal 52 cm beträgt! Alles auf engstem Raum und trotzdem bequem, das schaffen viele Autohersteller bis heute nicht...
Leider hatte ich nur ein paar Minuten, jedoch reichte es aus, um die wichtigsten Daten zu sammeln, und das Erscheinen der nächsten Crew bedeutete dann Abschied nehmen von einem Erlebnis, das alle Beteiligten sicherlich so schnell nicht vergessen werden. Als Ergänzung zu diesem Event bekamen wir im De-briefing noch jeder eine Urkunde mit Bild, den Plot unseres Ab- und Anfluges und einige ergänzende Datenblätter.
Noch ganz von den Impressionen dieses Events gebannt wurden wir auch schon wieder zum Empfang geleitet, wo wir unsere Ausweise wieder in Empfang nehmen durften und sich die Gruppe anschließend wieder in alle Winde zerstreute.
Nachdem ich meine Verlobte wieder im Terminal 2 gefunden hatte, traten wir den Weg in unser Hotel an. Sichtlich erschöpft von den Impressionen fiel ich ins Bett.
Selbst am nächsten Morgen hatte ich immer noch dieses Hochgefühl, das einem wiederfährt, wenn man ein besonderes Erlebnis hinter sich gebracht hat. Ob es wohl daran lag, daß das Erste, was ich beim Blick aus dem Fenster sah, ein A321 der Lufthansa kurz nach dem Start war ???
Da aber jedes noch so schöne Event nunmal sein Ende hat, fuhren wir gegen Mittag nach einem langen und gemütlichen Frühstück wieder in Richtung Heimat. Doch eines ist jetzt schon klar, es war sicherlich nicht das letzte Mal, das ich einen Airbus Simulator besucht habe. (vh)